IN + OUT Records/EDEL Simone Zanchini & hr-Bigband spielen die Musik von Nino Rota
"Ich bin ein Musiker, der Akkordeon spielt – kein Akkordeonspieler, der Jazz macht", sagt der 46-jährige italienische Musiker Simone Zanchini und fügt noch hinzu: "Erst die Musik, dann das Instrument!". Es ist bereits das 25. Album, das er veröffentlicht - dieses Mal in der Zusammenarbeit mit der hr-Bigband. Gemeinsam mit Zanchini haben wir uns der Musik des italienischen Filmkomponisten Nino Rota gewidmet.
Hier kommt die ganze überbordende Vielfalt zusammen, die Zanchini in seinem Musikerleben studiert, entdeckt und weiterentwickelt hat – und das nicht nur für sein oftmals geschmähtes, tatsächlich aber ganz und gar wunderbares Instrument. Ein halbes Dutzend Werke des legendären italienischen Filmkomponisten Nino Rota gibt es auf dem Album "SIMONE ZANCHINI – FRANKFURT RADIO BIG BAND PLAY THE MUSIC OF NINO ROTA" zu hören, das jetzt beim Label IN + OUT Records erschienen ist. Den Aufnahmen liegt vor allem die Musik zugrunde, die Rota für Federico Fellini geschrieben hat – für Klassiker von "La Dolce Vita" über "8½" bis hin zu "Amacord", einer Hommage an Fellinis Geburtsort Rimini, aus deren Nähe der Akkordeonist Simone Zanchini selbst auch stammt. Hier verknüpfen sich also die biografischen Hintergründe des großen Filmemachers und jene des musikalischen Improvisationszauberers aufs Schönste.
"Fellini verfügte über das Vermögen, die geheime Kraft meiner Kultur und Region zu erfassen", sagt Zanchini, „also die überlieferten Elemente der hiesigen Volkskultur. Wir nahmen dann Nino Rotas damit verbundene Melodien als Ausgangspunkt, um etwas Neues zu erschaffen, ganz und gar zeitgenössisch und im Jazz-Idiom." Zanchini spielt dafür ein handgearbeitetes Ottavianelli-Instrument nach eigenem Entwurf, das "überhaupt nicht mehr traditionell akkordeonmäßig klingt, sondern tiefer, dunkler und mit einem unglaublichen Reichtum an Obertönen."
Die Arrangements zum Projekt stammen von Jörg Achim Keller, aber die Leitung hatte David Grottschreiber. Herausgekommen ist ein Ausnahmesound mit der ungestümen Improvisationskraft von etwa Heinz-Dieter Sauerborns Sopransax oder Steffen Weber am Tenor. All diese Elemente scheinen geradezu rauschhaft in "La Passerella Di Addio" auf, dem mehr als zwanzig Minuten langen Kernstück des Albums. Es ist ein einziges großes Fest, genau wie es die abschließende Episode von "8½" war, für die Nino Rota diese Musik geschrieben hatte. Zanchinis polyphone Zweihändigkeit, Vielschichtigkeit und fließende Perspektivwechsel steuern mit dem prismatisch aufgefächerten Sound der Bigband auf einen reichlich angeheiterten, geradezu zirkushaften Höhepunkt des Konzerts zu. Es steigert dann vielleicht noch das Hörvergnügen, wenn man erfährt, dass der Titel „Speak Softly Love“ zwar durch Francis Ford Coppolas „Der Pate“ zum Ohrwurm wurde, von Nino Rota allerdings bereits 1958 für den Film "Fortunella" geschrieben worden war. Oder dass "A Time For Us" das musikalische Thema für Franco Zeffirellis „Romeo und Julia“ war.
Muss man all die Filme kennen, um sich an dieser Musik erfreuen zu können? Auf gar keinen Fall, denn Zanchinis Klangkosmos führt weit über sie hinaus und hat in sich selbst Bestand. Das Publikum der hier zu hörenden, vom hr-Tonmeister Axel Gutzler in allen feinen Nuancen eingefangenen Live-Aufnahme dieses Konzerts ist jedenfalls hörbar aus dem Häuschen.